In den Zwanzigern des Lebens sind wir bei der Wahl des Partners, des Wohnraumes oder des Autos geleitet durch unsere geringen Erfahrungen. Wir sind offen für alles Neue, das Anspruchsniveau ist entsprechend unverdorben. Wir finden leicht die Möglichkeit einen Partner zu akzeptieren. Gewählt wird nach Sympathie, Haarfarbe, Figur und anderen zunächst wichtigen Nebensächlichkeiten. Das Zusammenleben gestaltet sich durch die Verliebtheit in den ersten Jahren meist unproblematisch.

Der Kinderwunsch wird geleitet durch die Idylle des Familienlebens, obwohl unsere Eltern, erstmals in der Geschichte der Menschheit, darüber nachdenken, die eheliche Verbindung aufgrund von Lieblosigkeit auf Seiten des Mannes und aufgrund von Lustlosigkeit auf Seiten der Frau aufzugeben. Immer mehr Frauen wagen den Schritt der Trennung, des möglichen Abgleitens ins Ungewisse, viele Männer wählen die attraktivere jüngere Frau, um den zweiten Frühling zu erleben.

Wieder zurück zu unserer eigenen Situation. Der Kinderwunsch wird geleitet durch die Idylle des Familienlebens. Die Erfahrungen unserer Eltern ignorieren wir. Wir haben es gelernt gut gemeinte Ratschläge unserer Eltern nicht ernst zu nehmen. Wir wissen, dass wir es besser machen werden, wir glauben es zumindest noch. Unser künftiges gemeinsames Kind lässt uns unsere derzeitige, durchaus befriedigende Wohnsituation, 70 m2, gereinigt in 3 Stunden, Miete erschwinglich, Beweglichkeit bewahrend, überdenken. Wir wollen eine grössere Wohnung, mindestens drei Zimmer oder noch besser wäre ein Haus im Grünen, mit Garten, unsere Kinder sollen es einmal besser haben. Diesen Satz kennen wir schon von unseren Eltern. Wollen wir es so besser haben? Die eine Hälfte der Menschen träumen vom Leben auf dem Land. Die andere Hälfte nicht, die lebt dort. In diesem Fall befinden sich die Leute daher zum richtigen Zeitpunkt am falschen Ort. Offensichtlich ist genau das interessant, was man nicht hat.

In der Schwangerschaft des Jungpaares, inzwischen sind auch Männer aus Solidarität schwanger, zumindest was die Aufnahme an Nahrungsmitteln betrifft, wir essen auch für Zwei, wird die geeignete Bleibe gefunden. Ein Haus im Grünen, mit Garten, genau so wie wir immer Leben wollten. Selbstverständlich reichen unsere finanziellen Mittel nicht aus. Trotz unmittelbar bevorstehenden Ausfalles von nahezu der Hälfte unseres Haushaltseinkommens, erhalten wir, bei Abgabe des Versprechens die knappen Mittel der Rückführung durch eine Verdoppelung der Anstrengungen von dem im Job verbleibenden Partner ordnungsgemäss zurückzahlen zu können, den gewünschten Betrag von unserer Bank des Vertrauens, der uns unter normalen Umständen aufgrund seiner Höhe zu schlaflosen Nächten verholfen hätte.

In Anbetracht der Zukunft, hiermit meine ich nicht den Tod, obwohl der das einzige Gewisse in unserer Zukunft ist, also in Anbetracht der Zukunft, zumindest zu Dritt, wir wissen es noch nicht ganz genau, wir wollen vielleicht ein zweites Kind, sollten beide nicht gleich beim ersten Mal geliefert werden, trübt unseren Blick für alle Gefahren.

Die Bank unseres Vertrauens überredet uns zum Abschluss einer Lebensversicherung zur zweihundertprozentigen Absicherung ihres Risikos. Der mögliche Wegfall des verbleibenden Einkommens aufgrund von Arbeitslosigkeit, Krankheit und anderen Unliebsamkeiten animiert den uns ans Herz gedrückten unabhängigen Versicherungsmakler zur Präsentation bisher nicht bekannter Versicherungsangebote. Neben der klassischen Unfallverhütung wollen wir auf den Luxus einer Zusatzversicherung für eine reibungslose Geburt nicht verzichten, obwohl unsere Vorfahren ihre Kinder schnell zwischen zwei Ernten auf den Feldern entbunden haben. Auf die wertvolle Arbeitkraft der jungen Mutter konnte nicht verzichtet werden. Das Kind wurde in einem Tuch an den Rücken der Mutter gebunden, übrigens die einzige Möglichkeit, die gebückte Haltung machte ein Festbinden an der Vorderseite unmöglich, das Hinlegen des Kindes am Feldrand war aufgrund der ständigen Ortsveränderung der arbeitenden Mutter dieser nicht zumutbar. Frau war damit zufrieden, nicht alle haben die Geburt überlebt. Mann war damit zufrieden, nicht nur wurde die Arbeitskraft der Frau erhalten, es gab sogar künftig mitarbeitende Familienmitglieder. Für das Kind hatte es den Vorteil der ständigen Nähe zur Mutter, besonders wichtig für die Entwicklung des Kindes.

Heute treiben uns andere Sorgen. Welches Anforderungsprofil erstellen wir für die Kinderfrau? Alter, wohl mittelalterlich, kochen muss sie auch können, dem Bügeln sollte sie nicht ablehnend gegenüber stehen, mehrsprachig sollte sie sein, am besten Englisch, Französisch, Italienisch und eine Ostsprache, wir sind im Herzen Europas.

Für die Entlastung bei der Aufzucht des Nachwuchses durch die Kinderfrau geht die junge Mutter, oder sollten wir sagen, die Frau, die unser Kind zur Welt gebracht hat, nach acht Wochen Mutterschutz wieder zumindest halbtags arbeiten, um erstens den Anschluss im Berufsleben nicht zu verlieren, was wenigstens bis zum zweiten Kind glücken könnte, dann ist der Zug so wie so abgefahren und zweitens, um das für die Kinderfrau notwendige Geld zu verdienen. Was tun wir eigentlich? Die sich und ihre Familie über alles liebende junge Mutter verdient in ihrem Job genau so viel Geld wie für die Kinderfrau benötigt wird. Ach ja, stimmt, wir wollen den Anschluss nicht verlieren zugunsten des Verlustes der Bindung zum Kind.

Endlich kommt die Geburt. Das langersehnte Kind, immerhin 40 Wochen, meist länger als die Lieferung eines neuen Autos, kommt beim Wahlarzt zur Welt. Mutter und Kind werden umsorgt, bestens betreut. Zu Hause angekommen wird der kleine Zwerg in das bereits fertig eingerichtete Zimmer gebracht. Die Schwangerschaft zeigte bereits beispielhaft die künftige Frequenz der Intimitäten. Von selten bis gar nicht. Der einfühlsame Mann hat wie seine Frau bereits in der Schwangerschaft sämtliche Bücher über Schwangerschaft, Geburt und Erziehung bis zum zehnten Lebensjahr gelesen. Theoretisch sind wir gut. Aus der einschlägigen Literatur hat der einfühlsame Mann gelernt, dass die Frau nach der Geburt noch mal vierzig Wochen braucht, um möglicherweise wieder in ihren früheren Zustand zurückzukehren, die Figur betreffend zumindest, auch wenn meist ein paar Pfunde mehr auf den Schenkeln bzw. dem Bauch bleiben dafür ein paar Pfunde weniger nach dem Aussagen der Brust.

Sex was ist das? Wir haben doch bereits ein Kind. Die Kirche hat ganze Arbeit geleistet. Wenn nicht die Unlust der Hinderungsgrund ist, so ist es das Geschrei des Kindes. Wir wissen, dass wir zugunsten unseres Nachwuchses auf Vieles verzichten müssen, wir wollten es so. Wollten wir nicht bloss ein Kind? Leider führt die Lustlosigkeit der Frau gegenüber dem Mann zur Lieblosigkeit des Mannes gegenüber der Frau. Nicht alle Männer nehmen jede sich bietende Gelegenheit zum Seitensprung wahr. Sie hoffen, meist vergebens, dass sich erstens alles wieder zum Besseren wendet und zweitens darauf, dass sich die Prophezeiung, dass Frauen ab Dreissig unersättlich sind, bewahrheitet. Der letzte Wunsch erfüllt sich für viele Männer erst zu dem Zeitpunkt, zu dem sie nicht mehr in der Lage sind dieses Angebot entsprechend zu nutzen, weil diese Frau inzwischen abhanden gekommen ist. Ist das jetzt der Beginn des Lebens?

 

 

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