Die letzte Nacht habe ich wieder intensiv verbracht – alleine. Einige schlafen und andere sterben im Bett. Franz ist mit Freunden ebenfalls in der Disko gewesen. Er war nicht zu bremsen, hat hintereinander drei Frauen – alle hatten blonde lange Haare – waren nicht mehr ganz so jung – angebaggert, hat mit ihnen getanzt und ihre Lebensgeschichten erfahren und die seine erzählt. Es könnten auch mehr Frauen gewesen sein, ich war nur partiell dabei. Ich bewundere seine Gelassenheit. Mein Revier ist der daneben liegende Technotempel, der mit dem jüngeren Publikum und der flotteren Musik. Mir ging es ebenfalls gut. Meine Auswahl ist jedoch bedeutend geringer. Einigermassen lange Haare muss sie haben, jedenfalls ein zauberhaftes Lächeln, eine weibliche Figur und ich muss von Anfang an Interesse auf beiden Seiten verspüren. Das kommt vor – erfahrungsgemäss mehrmals im Leben. Auch dieser Abend verlief wie die vergangenen. Die Tanzfläche ist der beste Flirtplatz. Interesse war auch wieder da. Sogar Gesprächsstoff, trotz enormer Lautstärke. Irgend etwas hält mich jedoch zurück.

Die letzte Nacht habe ich wieder geträumt – alleine. Der Traum war wundervoll. Ich war auf der Suche nach Susi, um sie zu befreien. Ich suchte sie, ich wollte sie unbedingt finden, um sie aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Die Suche dauerte lange. Ich sprach mit vielen Menschen. Das Gebiet in dem sie sich gewöhnlich aufhielt war sehr gross.

An einem wunderschönen sonnigen aber kalten Wintertag, die Landschaft war von einer dicken Schneedecke verzaubert, fand ich sie – alleine. Die Begrüssung war sehr herzlich. Sie nahm mich zärtlich bei den Hüften und zog mich zu sich bis sich unsere Körper vereinten. Die Freude war deutlich in ihrem Gesicht abzulesen.
„Hallo Susi“ hauchte ich.
„Ich bin gekommen, um dich zu befreien. Möchtest du mit mir kommen? Ich kann dich von hier weg bringen.“
Mit sanfter Stimme antwortete sie: „Ich würde gerne mitgehen, ich kann jedoch noch nicht.“
Ich fragte, wie lange sie noch bleiben muss?
„Vier Jahre – ich habe noch vier Jahre.“ Und versprach: „Ich werde mich bei dir melden, so bald ich von hier weg kann.“
Diese Gefangenschaft ist ohne sichtbare Zäune, es gibt keine Wächter, es ist das normale Leben. Irgend etwas hält sie zurück.

Dezember 2003

 

 

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